Verteilung von Schätzer < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 10:15 Sa 27.09.2014 | Autor: | GeMir |
Aufgabe | Haben alle Schätzfunktionen eine stetige Verteilung? |
Es wäre dann nämlich klar, wieso die Wahrscheinlichkeit, den wahren Wert des Parameters zu treffen, gleich Null ist, unabhängig davon, welchen Schätzer man gewählt hat.
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Hallo GeMir,
> Haben alle Schätzfunktionen eine stetige Verteilung?
Nein. Das hängt vom Modell ab.
Wenn du zum Beispiel [mm] $X_1,...,X_n \sim [/mm] Bin(1,p)$, d.h. $n$ Bernoulli-verteilte Zufallsvariablen hast (d.h. $n$ Münzwürfe mit z.B. der Interpretation 1 = Erfolg und 0 = Misserfolg), dann ist ein üblicher Schätzer für die Erfolgswahrscheinlichkeit $p$ der Mittelwert [mm] $\hat [/mm] p = [mm] \overline{X_n}$.
[/mm]
Aber es gilt [mm] $\sum_{i=1}^{n}X_i \sim [/mm] Bin(n,p)$ (Binomialverteilung), dabei handelt es sich um eine diskrete Verteilung. Der Mittelwert [mm] $\hat [/mm] p = [mm] \overline{X_n} [/mm] = [mm] \frac{1}{n}\sum_{i=1}^{n}X_i$ [/mm] ist dann immer noch diskret verteilt.
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Aber auch wenn du stetige Modelle betrachtest, kannst du Schätzer definieren, die eine diskrete Verteilung aufweisen. Sind zum Beispiel [mm] $X_1,...,X_n$ [/mm] beliebig stetig verteilte Zufallsvariablen (deren Verteilung von einem Parameter [mm] $\theta$ [/mm] abhängt), so ist
[mm] \hat\theta [/mm] = [mm] \begin{cases}
1, & \overline{X_n} \in [-1,1]\\
0, & \overline{X_n} \not\in[-1,1]
\end{cases}
[/mm]
zwar ein völlig sinnloser Schätzer für [mm] $\theta$, [/mm] kann aber nur die Werte 0 und 1 annehmen und ist als solcher stetig verteilt.
> Es wäre dann nämlich klar, wieso die Wahrscheinlichkeit,
> den wahren Wert des Parameters zu treffen, gleich Null ist,
> unabhängig davon, welchen Schätzer man gewählt hat.
Diese Aussage stimmt ohne Weiteres nicht. Es kommt hier auch darauf an, in welchem Raum der Parameter liegt und was der wahre Wert des Parameters ist.
Wenn zum Beispiel [mm] $X_1,...,X_n \sim [/mm] Bin(m,p)$, $m [mm] \in \IN$ [/mm] gegeben sind, so wäre [mm] $\hat [/mm] m = [mm] \max(X_1,...,X_n)$ [/mm] ein vernünftiger Schätzer für $m$. Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine der Zufallsvariablen [mm] $X_1,...,X_n$ [/mm] den Wert $m$ annimmt und somit [mm] $\hat [/mm] m$ eine richtige Schätzung abgibt, ist größer als Null.
Im Falle, dass der Parameter diskret ist (hier [mm] $m\in\IN$), [/mm] gibt es also einige Schätzer, wo deine Aussage nicht stimmt.
Sind allerdings die Zufallsvariablen stetig verteilt und der Parameterraum ist ebenfalls stetig, würde ich deiner Aussage zustimmen.
Viele Grüße,
Stefan
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(Frage) beantwortet | Datum: | 12:00 So 28.09.2014 | Autor: | GeMir |
> Wenn du zum Beispiel [mm]X_1,...,X_n \sim Bin(1,p)[/mm], d.h. [mm]n[/mm]
> Bernoulli-verteilte Zufallsvariablen hast
Das habe ich mir auch gedacht. Aber was ist dann mit der Behauptung, dass die Wahrscheinlichkeit, den "wahren" Parameter der Verteilung mit dem Schätzer (egal wie gut er ist) zu treffen, gleich Null sei (als Begründung dafür, dass wir Intervallschätzer brauchen)?
Anders formuliert: Bedeutet die Existenz von diskret verteilten Schätzern die Möglichkeit, mit einem solchen Schätzer den Parameter mit einer (vorgegebenen) Wahrscheinlichkeit (ungleich Null) zu treffen?
> Sind allerdings die Zufallsvariablen stetig verteilt und der Parameterraum ist ebenfalls stetig, würde ich deiner Aussage zustimmen.
Ok. Genau das wollte ich hören. Danke :)
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Hallo GeMir,
> > Wenn du zum Beispiel [mm]X_1,...,X_n \sim Bin(1,p)[/mm], d.h. [mm]n[/mm]
> > Bernoulli-verteilte Zufallsvariablen hast
>
> Das habe ich mir auch gedacht. Aber was ist dann mit der
> Behauptung, dass die Wahrscheinlichkeit, den "wahren"
> Parameter der Verteilung mit dem Schätzer (egal wie gut er
> ist) zu treffen, gleich Null sei (als Begründung dafür,
> dass wir Intervallschätzer brauchen)?
>
> Anders formuliert: Bedeutet die Existenz von diskret
> verteilten Schätzern die Möglichkeit, mit einem solchen
> Schätzer den Parameter mit einer (vorgegebenen)
> Wahrscheinlichkeit (ungleich Null) zu treffen?
Ja.
Auch wenn die Zufallsvariablen stetig verteilt sind und der Parameterraum auch, kann man solche Beispiele "punktweise" angeben.
Wenn zum Beispiel [mm] $X_1,...,X_n$ [/mm] normalverteilt [mm] $N(\mu,\sigma^2)$, [/mm] und nun liegt [mm] $\mu=0$ [/mm] vor, dann ist der konstante Schätzer [mm] $\hat \mu [/mm] := 0$ offensichtlich mit Wahrscheinlichkeit 1 gleich dem wahren Wert.
Was du suchst, sind eher "gleichmäßige" Aussagen der Form
[mm] $\forall \theta \in \Theta: \IP_{\theta}(T^{-1}(\{\theta\})) [/mm] > 0$,
wobei [mm] $T:\IR^{n} \to \IR$ [/mm] die Schätzfunktion ist (d.h. [mm] $\hat \theta [/mm] = [mm] T(X_1,...,X_n))$ [/mm] und [mm] $\{\IP_{\theta}:\theta \in \Theta\}$ [/mm] die Familie von stetigen Verteilungen (z.B. [mm] $\{N(\mu,\sigma^2), (\mu, \sigma^2) \in \IR \times (0,\infty)\}$). [/mm] Wenn diese Aussage immer gelten soll, müsste also
[mm] $\forall \theta \in \Theta: \lambda(T^{-1}(\{\theta\})) [/mm] > 0$
[mm] ($\lambda$ [/mm] Lebesgue-Maß) gelten.
Es ist klar, dass man aus diesen Aussagen keinen Widerspruch erzeugen kann, solange [mm] $\Theta$ [/mm] (Parameterraum) abzählbar ist. In diesen Fällen ist es also wahrscheinlich nicht so einfach zu sehen, dass es solche Schätzer nicht gibt.
Wenn [mm] $\Theta$ [/mm] aber überabzählbar ist, kann man evtl. einen Widerspruch herleiten. Wenn nicht, so wäre $T$ ein Kandidat für eine Schätzfunktion, die deiner Behauptung widerspricht.
> > Sind allerdings die Zufallsvariablen stetig verteilt und
> der Parameterraum ist ebenfalls stetig, würde ich deiner
> Aussage zustimmen.
>
> Ok. Genau das wollte ich hören. Danke :)
Siehe oben, es gibt "punktweise" schon Einschränkungen.
Viele Grüße,
Stefan
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