Differential kürzen? < eindimensional < reell < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:51 Do 20.09.2012 | Autor: | kappen |
Hi Leute, habe ein blöde Frage.
In einem Skript für technische Mechanik wird mit Differentialen völlig normal gerechnet. Z.B. wird dort für die Dehnung, die als Längenänderung pro Länge definiert ist folgendes gemacht:
[mm] $\epsilon=\frac{\Delta l}{l}=\frac{(a+r)\mathrm{d}\phi-r\mathrm{d}\phi}{r\mathrm{d}\phi}.
[/mm]
[mm] r\mathrm{d}\phi [/mm] ist dabei ein infinitesimal kleiner Kreisbogen ds.
Jetzt werden aber lustig die [mm] $\mathrm{d}\phi$ [/mm] gekürzt und ich frage mich, auf welcher Grundlage das basiert. Ich kenne bei Funktionen, die von zwei Variablen abhängen die Kettenregel als Begründung für das "Kürzen", sehe das hier aber nicht.
Sollte man vielleicht besser mit nicht infinitesimal kleinen Stücken arbeiten, oder gilt dann [mm] $\Delta [/mm] s = [mm] r\Delta\phi$ [/mm] im Sinne der Polarkoordinaten nicht mehr?
Danke + schöne Grüße
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(Antwort) fertig | Datum: | 18:52 Do 20.09.2012 | Autor: | abakus |
> Hi Leute, habe ein blöde Frage.
>
> In einem Skript für technische Mechanik wird mit
> Differentialen völlig normal gerechnet. Z.B. wird dort
> für die Dehnung, die als Längenänderung pro Länge
> definiert ist folgendes gemacht:
> [mm]$\epsilon=\frac{\Delta l}{l}=\frac{(a+r)\mathrm{d}\phi-r\mathrm{d}\phi}{r\mathrm{d}\phi}.[/mm]
>
> [mm]r\mathrm{d}\phi[/mm] ist dabei ein infinitesimal kleiner
> Kreisbogen ds.
> Jetzt werden aber lustig die [mm]\mathrm{d}\phi[/mm] gekürzt und
> ich frage mich, auf welcher Grundlage das basiert. Ich
> kenne bei Funktionen, die von zwei Variablen abhängen die
> Kettenregel als Begründung für das "Kürzen", sehe das
> hier aber nicht.
> Sollte man vielleicht besser mit nicht infinitesimal
> kleinen Stücken arbeiten, oder gilt dann [mm]\Delta s = r\Delta\phi[/mm]
> im Sinne der Polarkoordinaten nicht mehr?
>
> Danke + schöne Grüße
Hallo kappen,
die Physiker sind da pragmatisch veranlagt, wo die Mathematiker ziemlich viel Brimborium machen (müssen).
Denke dir statt [mm]\mathrm{d}\phi[/mm] einfach [mm]\Delta \phi[/mm], dann ist das Kürzen eine ganz normale Geschichte. Dieses [mm]\Delta \phi[/mm] kannst du dir danach immer noch beliebig klein denken.
Gruß Abakus
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(Frage) beantwortet | Datum: | 20:07 Do 20.09.2012 | Autor: | kappen |
dankeschön :)
Dachte schon, dass es so geht. Die Frage ist, was ich in das paper schreibe. Die Version mit den Deltas oder mit den 'd'?
Mir gefällt die mit den Deltas besser, die Frage ist nur, ob $ [mm] \Delta [/mm] s = [mm] r\Delta\phi [/mm] $
auch gilt, wenn [mm] $\Delta$ [/mm] noch nicht sehr klein ist.
Schöne Grüße,
kappen
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(Antwort) fertig | Datum: | 20:18 Do 20.09.2012 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> dankeschön :)
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> Dachte schon, dass es so geht. Die Frage ist, was ich in
> das paper schreibe. Die Version mit den Deltas oder mit den
> 'd'?
> Mir gefällt die mit den Deltas besser, die Frage ist nur,
> ob [mm]\Delta s = r\Delta\phi[/mm]
> auch gilt, wenn [mm]\Delta[/mm] noch
> nicht sehr klein ist.
das ist halt auch nicht wirklich eine Gleichheit, sondern sowas wie "für
genügend kleine" eine nahezu Gleichheit.
Vielleicht kann man ja, wie Numeriker immer wieder gerne tun, mit
Taylorreihen irgendwas approximieren und dann "unwesentliche Beiträge"
quasi vergessen.
Man kann's sicher auch mit Grenzwertbetrachtungen ganz streng
hinschreiben - vielleicht schreibst Du mal kurz die genauen Definitionen,
was da was bedeutet. Ich hab' irgendwas mit Polardarstellung und
Bogenstück gelesen - dennoch ist mir nicht ganz klar, ob da nun ein
Objekt sich mit einer gewissen Winkelgeschwindigkeit auf einer Kreislinie
sich bewegt oder was auch immer. Kannst Du mal den funktionalen
Zusammenhang hinschreiben? Worum geht's hier denn genau?
(Ich sehe bei der Wiki-Definition jedenfalls auch nicht, was es da für
ein [mm] $r\,$ [/mm] und ein [mm] $\phi$ [/mm] geben soll - was ist denn das da für eine
Dehnung? Ist die schon räumlich, bzw. mindestens 2D?)
Manchmal muss man sich sowas einfach auch nur selbst mal hinschreiben,
und erkennt dann, dass da doch eigentlich gar nicht sowas kompliziertes
steht.
Schlimmstenfalls müßtest Du mal in die Differentialgeometrie gucken und
Dir den Begriff des Differentials (oder den des totalen Differentials)
vielleicht anschauen!
P.S.
Oder vielleicht kannst und darfst Du das Skript ja auch verlinken, dann
kann ich (oder jemand anderes) sich das mal anschauen und wir versuchen
dann, das ganze wirklich mathematisch sauber aufzuziehen. Mir ist das
bis dato leider ein wenig zu "Wischiwaschi", auch, wenn ich mir jedenfalls
denken kann, was man machen will. "Wischiwaschi" ist bei mir schon
etwas, wenn ich z.B. von der Ableitung einer Funktion rede, ohne zu
wissen, ob diese Funktion überhaupt diff'bar ist. Aber in der Physik
nimmt man ja eh oft an, dass die Natur uns da "meist wohlgesonnen"
ist. Nur: Erwähn' sowas ruhig, wenn ihr sowas annehmt!!
Gruß,
Marcel
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(Antwort) fertig | Datum: | 00:23 Sa 22.09.2012 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> Da das Skript frei im Internet erhältlich ist, verlinke
> ich es jetzt, ich hoffe, das ist erlaubt.
> LINK
>
> Dort z.B. ab Seite 12. ds ist z.B. hier aufgeführt:
> Wiki Artikel
das klingt ein wenig nach Differentialgeometrie oder Tensoranalysis. Aber
ich glaube, da muss man nicht tief eindringen bzgl. Deiner Frage hier, das
geht elementarer!
> Das Wegelement ist also die totale Ableitung der
> Parametrisierung für Polarkoordinaten. Da wir uns nur in
> der Ebene befinden, fällt die z-Richtung weg, und da wir
> nur den Kreisbogen betrachten, verschwindet die r-Richtung
> auch.
>
> Ansonsten steht eigentlich alles, was ich gesagt habe in
> dem Skript - und noch viel mehr :D
Na, da steht im Skript vor allem etwas von [mm] $ds\,,$ [/mm] dass das die
Länge der neutralen Faser sei - und die bleibt wohl konstant. Dann ist
doch schonmal klar, dass $ds/ds=1$ gerechnet werden darf.
> Bei Fragen immer her damit, allerdings werde ich meine
> Probleme haben, diese mathematisch korrekt zu beantworten
> fürchte ich.
Na, jetzt mal rein elementargeometrisch: Wegen des Strahlensatzes hast
Du doch (ich halte mich mal ans Skript)
[mm] $$ds\,'=(\rho+z)d\alpha=ds+zd\alpha$$
[/mm]
Dann ist
[mm] $$\frac{ds\,'-ds}{ds}=\frac{zd\alpha}{ds}=\frac{z}{\rho}\,,$$
[/mm]
wobei [mm] $\rho$ [/mm] "der Radius der neutralen Faser" ist.
Wie man das nun von diesem "infinitesimal kleinen Bogenstücken" in
Differentiale übersetzt, weiß ich noch nicht - ich kapiere nämlich gerade
nicht, was da für ein physikalischer Grenzprozess betrachtet wird. Man
läßt die Länge der neutralen Faser gegen Null gehen?
Vielleicht kann ein anwesender Physiker, Materialwissenschaftler oder
Ingenieur uns da ein wenig mehr helfen - vor allem würde mich
interessieren, wenn man wirklich die Länge der neutralen Faser [mm] $ds\,$
[/mm]
gegen Null streben läßt, wie man sich das "physikaisch vorzustellen hat":
Also wie würde man da bei sowas "experimentell vorgehen (wollen)"?
Gruß,
Marcel
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(Antwort) fertig | Datum: | 00:33 Sa 22.09.2012 | Autor: | leduart |
Hallo
irgendwas an deiner Formel stimmt nicht, da steht ja einfach [mm] \Delta [/mm] l/l=a/r egal ob mit [mm] \Delta\phi [/mm] oder [mm] d\phi?
[/mm]
was soll denn dabei a sein?
Gruss leduart
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 01:03 Sa 22.09.2012 | Autor: | kappen |
Ja genau, es scheint egal zu sein, ob mit d oder Delta "gerechnet" wird. Sind letztendlich ja auch nur Bezeichnungen. Aber ich wusste ja vorher nicht, dass sich das alles kürzt.
Die Formel lautet tatsächlich [mm] $\epsilon=\frac{a}{r}$. [/mm] $a$ ist - das habe ich dummerweise total vergessen - der Abstand von der neutralen Faser bis zum äußeren Ende des gekrümmten Mediums, z.B. der äußeren Kante eines langen Balkens.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 01:51 Sa 22.09.2012 | Autor: | Marcel |
Eingabefehler: "\left" und "\right" müssen immer paarweise auftreten, es wurde aber ein Teil ohne Entsprechung gefunden (siehe rote Markierung)
Eingabefehler: "\left" und "\right" müssen immer paarweise auftreten, es wurde aber ein Teil ohne Entsprechung gefunden (siehe rote Markierung)
Hallo kappen,
> Ja genau, es scheint egal zu sein, ob mit d oder Delta
> "gerechnet" wird. Sind letztendlich ja auch nur
> Bezeichnungen.
jein - normalerweise bezeichnet man mit $\Delta$ etwas "genügend
kleines", was aber immer noch endliche Länge hat. Bei $d\,$ geht's
eigentlich um Grenzübergänge (ich meine eigentlich sogar eher sowas
wie Differentialoperatoren, oder wenigstens Differentiale) - da gibt's
natürlich ein Zusammenspiel.
Schließlich schreibt man ja nicht umsonst (und auch nicht ungerechtfertigt)
$$\frac{f(x+\Delta x)}{\Delta x} \approx \left.\frac{df}{dx}\right|_x$$
für genügend betragskleine kleine $\Delta x \not= 0\,.$
(Es ist ja $\left.\frac{df}{dx}\right|_x=\lim_{\Delta x \to 0}\frac{f(x+\Delta x)-f(x)}{\Delta x}\,.$ Obige Approximation kann man direkt
per Definitionen von $f\,'(x)$ begründen, oder eventuell auch mit Taylorreihenentwicklung oder ... Jedenfalls ist $\approx$ natürlich auch
nicht mathematisch wirklich aussagekräftig, besser benutzt man da die
Landau-Symbole, um eine "Approximationsgüte" anzugeben!)
Es gibt aber wohl auch die Nichtstandardanalysis, da kenne ich mich
aber nicht aus - ich glaube aber, dass man damit wohl Begründungen
findet, warum die Physiker mit ihrem "unbekümmerten Rechnen mit
kleinen Größen auf dem Weg zu Ableitungen/Integralen etc. pp." oft gut
zum Ziel kommen. Aber so manches erschließt sich halt auch aus der
"guten alten (normalen) Analysis" - bzw.der Maß- und Integrationstheorie.
Dass man mit Differentialen "oft" 'wie mit Brüchen' rechnen kann, obwohl
man ja, wenn man die Ableitungsfunktion einer Funktion bildet, einen
"Operator" auf diese anwendet, ist ja doch schon ein erstaunliches
Phänomen. Es ist nichttrivial, aber das Ergebnis lehrt, dass man unter
gewissen Voraussetzungen quasi "wie mit Bruchzahlen" rechnen kann...
> Aber ich wusste ja vorher nicht, dass sich
> das alles kürzt.
Na, dann wären viele Formeln auch langweilig, wenn das sofort
ersichtlich wäre, wie sie am einfachsten aussehen - und wozu
macht man in der Mathematik denn oft Beweise? Doch nicht, um
am Ende nur das komplizierteste da stehen zu haben - man will
doch gerade "möglichst elegante Wege erkunden", um ein Problem
zu lösen!
> Die Formel lautet tatsächlich [mm]\epsilon=\frac{a}{r}[/mm]. [mm]a[/mm] ist
> - das habe ich dummerweise total vergessen - der Abstand
> von der neutralen Faser bis zum äußeren Ende des
> gekrümmten Mediums, z.B. der äußeren Kante eines langen
> Balkens.
Es folgt aber aus Deinem Skript. Und wie gesagt: Geometrisch folgt da
alles sofort aus dem Strahlensatz... sehr elementar!
Was mir unklar ist und bleibt: Wird da irgendwann mal ein Grenzübergang
durchgeführt, bzw. falls ja:Welcher (mathematisch) und in welchem
physikalischen Sinne ist das zu verstehen?
Gruß,
Marcl
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