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Blei - Strahlenschutz: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 22:17 Do 15.08.2013
Autor: Jellal

Ich habe diese Frage auch in folgenden Foren auf anderen Internetseiten gestellt:
http://www.studis-online.de/Fragen-Brett/read.php?120,1693922


Hallo zusammen,
habe mich hier angemeldet, weil ich mir hier Rat für unser Projektpraktikum erhoffe!

Verzeiht den langen Post.

Und zwar wollen wir mit zwei Geiger-Zählern Myonen detektieren.
Die Myonen sollen in ein Zählrohr eindringen, ein Ereignis auslösen, und dann ins nächste weiterfliegen, um dort auch eines auszulösen. Dies wird dann mit anliegender Koinzidenzschaltung gemessen.
Damit das Ergebnis von Untergrundstrahlung nicht verfälscht wird, wollen wir zwischen die Zählrohre eine Bleiplatte setzen, die als Abschirmung dienen soll.
Myonen könnten ungehindert durchfliegen, alles andere, insbesondere Gammaquanten, soll davon reduziert werden.

Der Prof. merkte nun aber an, dass jedes Material in geringem Umfang auch Eigenstrahler sei (und wenn nur ein paar radioaktive Kerne vorhanden sind), sodass es sein kann, dass das Blei aufgrund seiner Eigenstrahlung nicht als relevanter Schutz fungieren könnte, wenn die abzuschirmende Strahlung nicht deutlich höher sei.

Nun ist es aber so, dass sowieso nur Ereignisse gemessen werden, die praktisch zeitgleich in den Rohren entstehen. Also überwiegend solche, die von den extrem schnellen Myonen oder Lichquanten ausgelöst werden. Myonen dringen ungehindert durchs Blei durch.
Wenn ein Lichtquant im ersten Zähler ein Ereignis auslöst, verschwindet es entweder, oder aber es wird via Compton-Effekt abgelenkt. Ein Großteil dieser abgelenkten Quanten fliegt gar nicht erst auf den zweiten Zähler zu. Der geringe Teil, der die richtige Richtung hat, soll vom Blei noch weiter reduziert werden.
Die Frage ist, ob dieser geringe Teil an Quanten, der überhaupt vom Blei abgeschirmt wird, höher ist, als die eventuelle Eigenstrahlung des Bleis, das wir abschirmen.
Wenn nicht, könnte es theoretisch sein, dass wir durch das Blei eher etwas verfälschen, als etwas verbessern.


Leider haben wir keine Ahnung, woher wir wissen sollen, wie die Verhältnisse da aussehen.
Ich muss nun herausfinden, in wie weit Blei selber strahlt, und wie so die Rate an Compton-Quanten ist, die in eine bestimmte Richtung abgelenkt werden.
Es ist klar, dass dieses Verhältnis stark von der Umgebung abhängt, in der man sich befindet und von dem Blei, das man benutzt. Deswegen kann ich doch eigentlich gar nicht darauf hoffen, irgendwelche Literaturwerte zu finden.
Im Netz habe ich jedenfalls nichts gefunden.

Wenn jemand dazu gute Websites hat, ein Buch, eine Doktorarbeit o.ä., in dem darauf eingegangen wird, wäre ich demjenigen sehr dankbar.
Natürlich auch für alle anderen Tipps.



Gruß

        
Bezug
Blei - Strahlenschutz: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 22:41 Do 15.08.2013
Autor: chrisno

Zur Radioaktivität "normalen" Bleis:
diese wird zum guten Teil durch die Umgebungsstrahlung erzeugt. Daher ist Blei, dass aus römischen Galeeren vom Meeresgrund geholt wird, bei besonders schwierigen Experimenten beliebt. Was spricht dagegen, selbst zu messen?

Um Gammas abzuschirmen, müsst ihr richtig viel Blei dazwischen packen. Aus der Praxis: Wenn man die Gamma-Strahlung von Co60 mit 4 mm Blei abschirmt, misst man mit dem Blei eine höhere Zählrate! Dies kommt vermutlich vom Photoeffekt her. Denkt über eine Abschirmung aus Blei und Plexiglas nach.

Bei höheren Gamma-Energien kommt die Paarbildung ins Spiel.

Bezug
        
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Blei - Strahlenschutz: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 06:31 Fr 16.08.2013
Autor: Josef

Hallo,

"Hochenergetische elektromagnetische Strahlung wie Röntgenstrahlung oder Gammastrahlung wird in Materie exponentiell abgeschwächt. Sie hat daher keine bestimmte Reichweite, sondern ihre Verringerung kann durch eine von Quantenenergie und Material abhängige Halbwertsdicke beschrieben werden. Diese beträgt z. B. für Quanten von 2 MeV in Blei etwa 1,3 cm."

[]Quelle und Weiteres über Abschirmung (Strahlung)



Viele Grüße
Josef

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Blei - Strahlenschutz: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 09:11 Fr 16.08.2013
Autor: Josef

Hallo,


> Der Prof. merkte nun aber an, dass jedes Material in
> geringem Umfang auch Eigenstrahler sei (und wenn nur ein
> paar radioaktive Kerne vorhanden sind), sodass es sein
> kann, dass das Blei aufgrund seiner Eigenstrahlung nicht
> als relevanter Schutz fungieren könnte, wenn die
> abzuschirmende Strahlung nicht deutlich höher sei.
>  

>  Ich muss nun herausfinden, in wie weit Blei selber
> strahlt, und wie so die Rate an Compton-Quanten ist, die in
> eine bestimmte Richtung abgelenkt werden.
>  Es ist klar, dass dieses Verhältnis stark von der
> Umgebung abhängt, in der man sich befindet und von dem
> Blei, das man benutzt.




siehe hierzu:
[]Die Eigenaktivität von Blei


Viele Grüße
Josef


Bezug
        
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Blei - Strahlenschutz: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 20:45 Fr 16.08.2013
Autor: Event_Horizon

Hallo!

Was Chrisno oben angesprochen hat:

Co60 strahlt mit so 1,1-1,4MeV, das liegt also über der Schwelle zur Erzeugung von Elektron-Positron-Paaren. Die Strahlungslänge (Die Strecke, nach der 1/e, also ca 30% aller Gammas Paarbildung gemacht hat), beträgt in Blei 5,6mm. Bei 4mm kann man davon ausgehen, daß geschätzt 20% aller Gammas Paarbildung machen, der Rest kommt durch. (Das berücksichtigt nicht, daß paarbildung in dem Energiebereich noch nicht der alleinige Effekt ist.) In Luift beträgt die Strahlungslänge viele Meter, in vielen anderen, geläufigeren Materialien eher 10cm und mehr. Das heißt: in so nem geigerzähler werden die ursprünglichen Gammas so gut wie gar nicht registriert. Aber hinter dem Blei hast du jetzt Elektronen und Positronen, und die veranstalten jetzt ne Party in deinem Detektor. Und weil du vorher 20% der Gammas in Elektronen und Positronen umgewandelt hast, steigt die Zählrate mit 4mm Blei extrem an.

Letztendlich bleibt aber die Frage, was für hochenergetische Gammas du denn erwartest. Die 2MeV sind schon sehr sehr hoch gegriffen, das meiste Zeug von Isotopen strahlt niederenergetischer. Und wenndu da so 15-20cm Blei stapelst, kommt eigentlich nichts mehr so richtig durch.



Zu der Sache mit Compton: Erstmal ist der Wirkungsquerschnitt nicht sonderlich hoch, die Wahrscheinlichkeit, daß es zu compton in deinen Detektoren kommt, ist klein. (Und die Wahrscheinlichkeit, daß ein Gamma Compton in beiden Detektoren macht, ist winzig.) Und dann funktioniert Compton nur bei Gammas, die im Bereich bis ca. 1 MeV liegen, darüber hast du irgendwann nur noch Paarbildung. Jedenfalls, Gammas, die Compton machen, bleiben sicher auch in deinem Bleiblock stecken.


Ich würde mir an deiner Stelle nicht so den Kopf machen. Nehmt doch mal die Zählrate von nur einem Detektor (also oberhalb und unterhalb vom Blei) auf. Wie groß ist die? Und wie groß ist die im Verhältnis zur Koninzidenz-Rate? Und dann Statistik: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für eine Koinzidenz? Hierbei ist auch wichtig, wie lang so ein Puls in der Elektronik ist.

Und nochwas: Wenn ein Detektor etwas registriert, hat er erstmal eine Totzeit: Es dauert, bis die Geigerröhre wieder geladen ist, und es dauert auch, bis die Elektronik danach wieder aufnahmefähig ist.  Das heißt, eure wahre Messzeit (Livetime) ist kürzer, als die zeit, über die ihr den Versuch habt laufen lassen (realtime).

Aber wie gesagt, ich würde einfach mal messen, was jeder einzelne Detektor so von sich gibt.




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Blei - Strahlenschutz: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 11:08 Do 29.08.2013
Autor: Jellal

Hallo Leute,

vielen, vielen Dank für eure ausführlichen Beiträge, vor allem an Dich, Chrisno.

Wir haben das mit dem Bleiblock ausprobiert, es aber danach wieder verworfen.
Zwar absorbiert das Blei einige Gammaquanten, doch durch die Dicke des Blockes liegen die Zählrohre weiter auseinander. Dadurch deckt man nur noch einen geringeren Raumwinkel ab, mit dem man bei einem Myon eine Koinzidenz messen kann.

Wir machen es jetzt ohne das Blei, die Zähler sind direkt aneinander geklebt und an einem Stativ montiert, mit dem man sie in verschiedene Winkelpositionen bringen kann.
Jetzt wollen wir Langzeitmessungen für jeden Winkel machen.

Die Winkelverteilung hat ja die Form einer Cos-Funktion.
Das bedeutet, dass man in einem Winkel von 90° zur Normalen keine Myonen mehr messen kann. Die Koinzidenzen, die man da misst, sind Gammaquanten, praktisch das Hintergrundrauschen.
Diese Anzahl wollen wir dann von allen Messungen abziehen, um auf unsere jeweilige Myonenzahl zu kommen.

Fragen:
1. Warum genau erwartet man bei 90° zur Normalen keine Myonen mehr? Weil der Weg aus der Atmosphäre da viel länger ist und die Myonen absorbiert oder bereits zerfallen sind?

2. Welche Ansprechwahrscheinlichkeit haben die Zählrohre für Myonen? Kann man davon ausgehen, dass praktisch jedes Myon ein Ereignis auslöst? Die Rate ist ja eh nicht so hoch...

3. Schnelle Elektronen haben in etwa die selbe Wirkung wie Myonen (wurde uns gesagt). Etwa 80% der Teilchen, die wir messen, sind aber Myonen, nicht Elektronen. Stimmt dieser Wert?

Beste Grüße

Jellal

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Blei - Strahlenschutz: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 21:27 Do 29.08.2013
Autor: chrisno

Ich denke mal, da müsst ihr selbst mal recherchieren. Nur mit der Eingabe Myonen bei Google habe ich schon
http://www.physik.uni-mainz.de/lehramt/lehramt/Vortraege/Anleitung/MKlein_StEx.pdf
und
http://www.physik.kit.edu/Studium/Lehramt/Staatsexamen_Myon.pdf
gefunden.

Zu 1: Keine Myonen halte ich für übertrieben. Die ABsorption machts offenbar. Nur:
wenn ihr einen möglichst großen Raumwinkel erfasst, dann integriert ihr auch über diesen Winkel. Wie groß ist der denn? Wenn ihr in der Projektion auf eine Ebene betrachtet) 30° habt, dann messt ihr auch alle Winkel von 60° bis 90° gleichzeitig. Wie wollt ihr da noch eine Winkelabhängigkeit sehen?

Zu 2: keine Ahnung, das hängt von Eurem Detektor ab.

Zu 3: keine Ahnung, schaut mal in die oben angeführten Arbeiten.

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Blei - Strahlenschutz: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 19:15 Fr 30.08.2013
Autor: Event_Horizon

Hallo!

Nochmal zum Winkel: Die Myonen entstehen in ca. 10km Höhe, und müssen dann erstmal zur Erdoberfläche kommen. Schräg einfallende Myonen müssen weiter fliegen, der Weg wird um [mm] \frac{1}{\cos\alpha} [/mm] länger, wenn  [mm] \alpha [/mm] der Winkel zur Senkrechten ist.  Wenn die Myonen annähernd mit Lichtgeschwindigkeit reisen, und man keine Verlangsamung annimmt, kann man die Halbwertszeit in eine Halbwertslänge, also die Strecke, nach der die Hälfte zerfallen ist, umrechnen. Insgesamt könnte man so einen Zusammenhang zwischen Winkel und erwarteter Rate herstellen. Aber so recht wird da kein COS-förmiger verlauf draus.

Aber prinzipiell ja, bei 90° sind so gut wie alle myonen zerfallen. Und bei der Flugstrecke, grade durch die untere Atmosphäre velieren sie dann auch doch mal einiges an Energie.



Zur Ansprechwahrscheinlichkeit: Es kommt darauf an, wie lang die Strecke durch das Gas ist, was für ein Gas das ist, und unter welchem Druck es steht. Aber prinzipiell sollten einige cm ausreichen, um ein Signal zu erzeugen. Für gewöhnlich nimmt man aber massiveres Nachweismaterial wie Plastikszintillatoren oder Wasser( Cerenkov-Licht)



Das mit den Elektronen: Zumindest, wenn die durchflogene Wegstrecke sehr kurz ist, können schnelle Elektronen ein ähnliches Signal wie Elektronen erzeugen. Aber so schnelle Elektronen kommen so kaum vor.
ki
Die Sache mit der Bleiabschirmung habt ihr nun sein lassen, aber ihr könntet das Blei auch oberhalb eurer Zählrohre anbringen, um sie vor schnellen Elektronen von oben zu schützen. Die 5cm Standard-Blöcke sollten reichen.




Ich würde ja fast sagen, ihr könntet euch mal in Geant4 einarbeiten, das ist eine Software, mit der die Wechselwirkung von Strahlung mit Materie gut simuliert werden kann. Aber dazu muß man schon gut C++ programmieren können, und benötigt einige Zeit, bis man da überhaupt drin steckt.

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Blei - Strahlenschutz: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 21:19 Fr 30.08.2013
Autor: chrisno


> .... Aber so recht wird da kein COS-förmiger
> verlauf draus.

Ich fand beim Lesen [mm] $\approx \cos^2$ [/mm]


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