Binomialverteilung < Wahrscheinlichkeit < Stochastik < Oberstufe < Schule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 23:24 Mi 02.03.2011 | Autor: | rubi |
Aufgabe | An einer Haltestellle stehen 2 Fahrkartenautomaten. Zwischen 7 Uhr und 9 Uhr wollen pro Stunde 50 Personen eine Fahrkarte ziehen. Um eine Fahrkarte zu ziehen, benötigt eine Person durchschnittlich eine Minute.
a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit genügen 2 Automaten ?
b) Welche Verbesserung wird erreicht, wenn ein dritter Automat aufgestellt wird ? |
Hallo zusammen,
die obige Aufgabe bereitet mir Kopfzerbrechen.
Diese Aufgabe soll mit Hilfe von binomialverteilten Zufallsvariablen gelöst werden (andere Verteilungstypen sind aus dem Unterricht nicht bekannt).
Ich habe hierzu eine Lösung, die ich aber nicht nachvollziehen kann.
Die Zufallsvariable X sei die Anzahl der wartenden Personen und ist binomialverteilt.
Es sei n = 50 und p = 1/60.
Anschließend wird P(X<=2) berechnet und dies soll dann das Ergebnis von a) sein.
Ist dies tatsächlich richtig ?
X soll doch binomialverteilt sein, das heißt es gibt nur 2 Ausprägungen, nämlich Treffer und Nicht-Treffer.
Könnte ein "Treffer" definiert werden als "die ankommende Person findet keinen freien Automaten vor ?" Dann wäre n = 50, da es 50 Versuche gibt.
Allerdings verstehe ich p = 1/60 nicht. Die Trefferwahrscheinlichkeit muss doch irgendwie abhängig davon sein, wie viele Personen eine Fahrkarte benötigen. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass in den 2 Stunden 2 Automaten * 120 Minuten = 240 Automatenminuten zur Verfügung stehen, wovon 2*50 = 100 Personenminuten benötigt werden. Dann wäre p = 100/240, aber das Ergebnis finde ich auch recht seltsam.
Vielleicht kann mir mal jemand einen Hinweis geben (entweder warum die dargestellte Lösung richtig ist oder falls nicht wie X zu definieren ist und wie groß p sein muss, um die Aufgabe zu lösen).
Danke im voraus für eure (wie gewohnt immer sehr hilfreichen) Antworten !
Viele Grüße
Rubi
Ich habe diese Frage in keinem anderen Forum gestellt.
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(Antwort) fertig | Datum: | 12:00 Do 03.03.2011 | Autor: | Walde |
Hi rubi,
überlege erstmal für n=1. Eine Person wird innerhalb einer gewissen Zeit einmal eine Tätigkeit ausführen (eine Fahrkahrte kaufen). Das Bernoulli-Experiment besteht nun darin, dass man schaut, ob diese Person gerade die Tätigkeit ausführt (Treffer) oder nicht. Die W'keit hierfür, hängt davon ab, wie lange die Person dafür benötigt und wie gross die Zeitspanne ist, die ihr zur Auswahl steht. Hier 1 [mm] Minute/2Stunden=\bruch{1}{120} [/mm] Die 1/60 sind meiner Meinung nach falsch, in der Aufgabenstellung ist von 7h-9h also zwei Stunden die Rede. Allerdings hat man in dieser Zeit auch n=100 und nicht 50 Personen.
Der Erwartungswert von B(50;1/60) ist zwar derselbe wie von B(100;1/120) aber die W'keiten sind anders (wenn wohl auch nicht viel.)
Also X: Anzahl der Personen, die gleichzeitig eine Fahrkarte kaufen wollen.
Das ist erstmal von der Anzahl der Automaten unberührt. Es reichen 2 Automaten, wenn zu keinem Zeitpunkt mehr als 2 Personen gleichzeitig eine Karte kaufen wollen. Also, wenn [mm] $X\le [/mm] 2$ ist.
LG walde
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(Frage) beantwortet | Datum: | 15:25 Do 03.03.2011 | Autor: | rubi |
Hallo Walde,
vielen Dank für deine Antwort.
Ich glaube ich verstehe es langsam und versuche es mal, in meinen Worten zu erklären:
Es ist in der Aufgabe ja bereits schon bekannt, dass innerhalb der 2 Stunden genau 100 Personen kommen werden. Dies ist also nicht zufällig.
Die Frage ist nur, wie sich diese 100 Personen auf die 2 Stunden verteilen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass 1 Person in einer konkreten Minute den Automaten nutzt beträgt p = [mm] \bruch{1}{120}.
[/mm]
Bei 2 Automaten beträgt die Wahrscheinlichkeit P(X<=2) mit B(100; [mm] \bruch{1}{120})-verteiltem [/mm] X 0,948.
Also genügen 2 Automaten mit Wahrscheinlichkeit 0,948.
Eine Sache verstehe ich nun aber bei diesem Ansatz trotzdem nicht.
Angenommen, es wären nicht 100 Personen, sondern 300 Personen, die innerhalb von 2 Stunden kommen. Dann wäre X doch [mm] B(300;\bruch{1}{120})-verteilt [/mm] und es wäre P(X<=2)=0,54.
Aber ist dieses Ergebnis logisch ?
300 Personen brauchen 300 Minuten und letztendlich stehen nur 2*120 = 240 Automatenminuten zur Verfügung.
Dann müsste die Wahrscheinlichkeit, dass 2 Automaten ausreichen doch 0 sein, oder ?
Viele Grüße
Rubi
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(Antwort) fertig | Datum: | 20:43 Do 03.03.2011 | Autor: | Walde |
Hi rubi,
> Hallo Walde,
>
> vielen Dank für deine Antwort.
> Ich glaube ich verstehe es langsam und versuche es mal, in
> meinen Worten zu erklären:
>
> Es ist in der Aufgabe ja bereits schon bekannt, dass
> innerhalb der 2 Stunden genau 100 Personen kommen werden.
> Dies ist also nicht zufällig.
> Die Frage ist nur, wie sich diese 100 Personen auf die 2
> Stunden verteilen.
> Die Wahrscheinlichkeit, dass 1 Person in einer konkreten
> Minute den Automaten nutzt beträgt p = [mm]\bruch{1}{120}.[/mm]
> Bei 2 Automaten beträgt die Wahrscheinlichkeit P(X<=2)
> mit B(100; [mm]\bruch{1}{120})-verteiltem[/mm] X 0,948.
> Also genügen 2 Automaten mit Wahrscheinlichkeit 0,948.
>
> Eine Sache verstehe ich nun aber bei diesem Ansatz trotzdem
> nicht.
> Angenommen, es wären nicht 100 Personen, sondern 300
> Personen, die innerhalb von 2 Stunden kommen. Dann wäre X
> doch [mm]B(300;\bruch{1}{120})-verteilt[/mm] und es wäre
> P(X<=2)=0,54.
> Aber ist dieses Ergebnis logisch ?
> 300 Personen brauchen 300 Minuten und letztendlich stehen
> nur 2*120 = 240 Automatenminuten zur Verfügung.
> Dann müsste die Wahrscheinlichkeit, dass 2 Automaten
> ausreichen doch 0 sein, oder ?
Da hast du natürlich recht. Die Vorgehensweise, die Auslastung mit einer Binomialverteilung zu modellieren, macht nur in einem gewissen Rahmen Sinn. Für Fälle, in denen das Modell versagt, muss man wohl mit komplizierteren Modellen (Markov-Prozesse) arbeiten. Es gibt da eine ganze Menge Überlegungen zu (Warteschlangentheorie), da kenn ich mich aber nicht so gut aus. Ich lasse die Frage mal auf teilweise beantwortet, dann kann dir vielleicht noch ein anderer was zu sagen.
>
> Viele Grüße
> Rubi
>
LG walde
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(Frage) beantwortet | Datum: | 08:02 Fr 04.03.2011 | Autor: | rubi |
Hallo zusammen,
ich möchte aus der halboffenen Frage wieder eine offene machen.
Diese Aufgabe stammt aus einem Schulbuch der 11.Klasse (bei dem es wie gesagt um Binomialverteilungen geht und keine weiteren Verteilungstypen bekannt sind).
Ist es einfach so, dass diese Aufgabe unter dem Stichwort "Binomialverteilung" im Grunde nichts zu suchen hat und sowohl die von Walde dargestellte Lösung als auch meine Bedenken richtig sind ?
Oder hat jemand anders noch eine Idee, wie man die Aufgabe mit der B(n,p)-verteilten Zufallsvariablen korrekt lösen kann ?
Viele Grüße
Rubi
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Hallo,
ich denke, die Aufgabe ist mit Binomialverteilungen nicht "exakt" lösbar.
Das hat verschiedene Gründe:
1. Kommen Leute nicht immer zur vollen Minute, um sich eine Fahrkarte zu kaufen, wir nehmen aber diese Zeitdiskretisierung vor (das ist hier nicht so wichtig, aber durchaus erwähnenswert)
2. Wenn am Ende unserer Rechnung ein P( X [mm] \le [/mm] ...) steht, kann das Ergebnis der Rechnung nicht Null sein, denn eine Binomialverteilung weist jedem Wert von X eine Wahrscheinlichkeit zu (außer natürlich X [mm] \in \emptyset [/mm] , aber das ist nicht mit der Aufgabenstellung zu schaffen)
3. Wenn man sich über solche Probleme unterhält, muss man sich die Modellierung vergegenwärtigen. Wir haben 2 Stunden = 120 Minuten, und n = 100 Leute, und 2 Fahrkartenautomaten.
Wir betrachten, dass Leute zu einer bestimmten, jetzt betrachteten Minute eine Fahrkarte kaufen oder nicht. Wahrscheinlichkeit für kaufen ist p = 1/120. Hier geht das einzige Mal die Zeit ein(!) Dann betrachten wir
X = Anzahl der Leute, die in einer (speziell betrachteten) Minute eine Fahrkarte kaufen, B(n,p) - verteilt.
und kommen auf die Wahrscheinlichkeit $P(X [mm] \le [/mm] 2)$, dass in einer speziellen Minute höchstens zwei Leute eine Fahrkarte kaufen.
Bei dieser Modellierung betrachten wir also nur eine Minute! In dem Rahmen der Diskretisierung der Zeit ist dieses Ergebnis genau.
Die Aussage bei n = 300 Leuten ist dann eben auch: Die Wahrscheinlichkeit ist 50%, dass in einer betrachteten Minute höchstens 2 Leute am Fahrkartenautomaten stehen.
Wir machen also mit dieser Berechnung keine Aussage für die Gesamtzeit 2 Stunden, sondern nur für die kleinste Zeiteinheit, die wir in diesem Modell als messbar vorausgesetzt haben. Demzufolge entsteht auch kein Widerspruch und die Aufgabe in dem Buch ist berechtigt.
Die Aufgabenstellung in dem Buch ist allerdings nicht besonders akkurat gestellt: "Mit welcher Wahrscheinlichkeit reichen zwei Automaten" bezieht sich jetzt wahrscheinlich auf obiges Ergebnis mit der betrachteten Minute. Besser wäre dann: "Mit welcher Wahrscheinlichkeit wollen in einer Minute mehr Leute eine Fahrkarte kaufen, als Automaten da sind".
Indem wir die Zeit (siehe obiges Ausrufezeichen) nur auf die Wahrscheinlichkeit abwälzen, kann dieses Ergebnis nicht vernünftig auf eine Aussage für die Gesamtzeit verallgemeinert werden.
Viele Grüße,
Stefan
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